Tischlein deck dich, Goldesel
und Knüppel aus dem Sack

Märchen in 15 Bildern
von Emil Dörfel

Text nach Jacob und Wilhelm Grimm

 

Vorzeiten war ein Schneider, der hatte drei Söhne, aber kein Geld und nur eine einzige Ziege. Aber die Ziege, weil sie alle zusammen mit ihrer Milch ernähren musste, sollte ihr gutes Futter haben und täglich hinaus auf die Weide geführt werden. Das taten die Söhne der Reihe nach.

Einmal brachte sie der älteste auf den Kirchhof, wo die schönsten Kräuter standen und ließ sie dort fressen und herumspringen. Abends, als es Zeit war heimzugehen, fragte er: »Ziege, bist du satt?« Die Ziege antwortete:

        »Ich bin so satt,
        Ich mag kein Blatt, meh! meh!«

»So komm nach Haus«, sprach der Junge, fasste sie am Strick, führte sie in den Stall und band sie fest. »Nun«, sagte der alte Schneider, »hat die Ziege ihr gehöriges Futter bekommen?« – »Oh«, antwortete der Sohn, »die ist so satt, sie mag kein Blatt.« Der Vater aber wollte sich selbst überzeugen, ging hinab in den Stall streichelte das liebe Tier und fragte: »Ziege, bist du auch satt?« Die Ziege antwortete:

        »Wovon sollt' ich satt sein?
        Ich sprang nur über Gräbelein
        Und fand kein einzig Blättelein, meh! meh!«

»Was muss ich hören!« rief der Schneider, lief hinauf und sprach zu dem Jungen: »Ei, du Lügner! Sagst, die Ziege wäre satt, und hast sie hungern lassen?« Und in seinem Zorne nahm er die Elle von der Wand und jagte ihn mit Schlägen hinaus.

 

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